Läuft es beim Bauen nicht wie geplant und sind die Bauherren mit den Leistungen des Bauunternehmens unzufrieden, etwa weil dieser zu spät oder mangelhaft liefert oder sich der Bau oder Baubeginn sonst verzögert, stellt sich häufig die Frage, ob und wie die Bauherren den Bauvertrag beenden können.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Bauvertrag regelmäßig als Werkvertrag zu qualifizieren sein wird, was für die Frage der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen entscheidend ist. Ob in der Folge die Bestimmungen über das Gewährleistungsrecht oder den Verzug anzuwenden sind, richtet sich danach, ob das Werk (wie etwa das Haus bei der Vereinbarung über die Errichtung eines Hauses) bereits übergeben wurde. Wurde das Werk bereits an die Werkbesteller übergeben, kommen die gesetzlichen Gewährleistungsbestimmungen zur Anwendung. In dem in diesem Beitrag zu behandelnden Fall, dass das Werk noch nicht an die Bauherren übergeben wurde, sind hingegen die gesetzlichen Verzugsfolgen des § 918 ff ABGB anwendbar.

Verzug des Bauunternehmens und Rücktritt unter Nachfristsetzung

Die Grundregel lautet, dass Verträge einzuhalten sind und nicht ohne weiters einseitig beendet werden können. Erbringt aber der Werkunternehmer, also das Bauunternehmen, seine Leistungen nicht zeitgerecht oder nicht in der vereinbarten Art und Weise, dann befindet er sich mit seinen Leistungen im sogenannten Verzug. Im Fall des Verzugs des Werkunternehmers haben die Werkbesteller, also die Bauherren, grundsätzlich das Recht, vom Bauvertrag zurückzutreten. Ist der Verzug dem Werkunternehmer zuzurechnen, weil dieser den Verzug verschuldet hat, liegt subjektiver Verzug vor und der Werkbesteller hat zusätzlich einen Anspruch auf Schadenersatz gegen den Werkunternehmer.

Zu beachten ist, dass dem Werkunternehmer im Verzugsfall in der Regel eine zweite Chance einzuräumen ist, sodass dieser die geschuldete Leistung doch noch erbringen kann. Aus diesem Grund ordnet § 918 ABGB auch an, dass der Rücktritt nur unter Setzung einer angemessenen Nachfrist erklärt werden kann. Welche Frist im konkreten Fall angemessen ist, ist jeweils im Einzelfall zu bestimmen. Das Bauunternehmen wird also in Verzug gesetzt, indem gegenüber diesem der Rücktritt ausgesprochen wird, falls es nicht binnen einer angemessenen Frist die ausstehenden Leistungen erbringen sollte.

Bei zu kurz gesetzter Nachfrist kann der Werkunternehmer die Leistung innerhalb angemessener Frist trotzdem noch erbringen. Wird der Rücktritt vom Vertrag aufgrund von (bloßem) Verzug ohne Setzung einer Nachfrist ausgesprochen und bestehen für den Werkunternehmer Zweifel über die Annahmebereitschaft des Werkbestellers, besteht das Risiko, dass die Kündigung des Vertrags unwirksam ist. Ebenso zu beachten ist, dass die Nachfristsetzung gemeinsam mit dem Rücktritt auszusprechen ist. Vorhergehende Mahnungen oder Aufforderungen zur Erfüllung bleiben hierbei unberücksichtigt.

Rücktritt aus wichtigem Grund ohne Nachfristsetzung

Nach der Rechtsprechung soll aber eine Nachfristsetzung dann entbehrlich sein und der Vertragsrücktritt unmittelbar wirken, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ob im jeweils zu beurteilenden Fall vom Vorliegen eines wichtigen Grundes auszugehen ist, ist laut der oberstgerichtlichen Rechtsprechung jeweils im Einzelfall zu beurteilen. Dies macht es für den Rechtsanwender nicht unbedingt einfach, eine Einschätzung dahingehend zu treffen, ob nun gemeinsam mit dem Rücktritt eine Frist gesetzt werden muss oder nicht. Die bisher dazu ergangene Rechtsprechung hat das Vorliegen eines wichtigen Grundes bejaht, wenn

  • der Werkbesteller das Vertrauen in den Vertragspartner wegen dessen treuwidrigen Verhaltens verloren hat;
  • sich der Werkunternehmer als offensichtlich unfähig zur Herstellung des geschuldeten Gesamtwerkes erweist, was sich insbesondere auf Grund von mehrfachem Verzug mit Teillieferungen oder bei Ablieferung von Teilleistung mit schwerwiegenden Mängeln ergeben kann;
  • die Verweigerung der Zuhaltung von vereinbarten wesentlichen Vertragsbedingungen mit einer schweren Erschütterung des Vertrauens in der Person des Vertragspartners einhergeht;
  • der Leistungspflichtige offensichtlich nicht in der Lage ist, die Erfüllung der bedungenen Leistung nachzuholen;
  • der Vertragspartner die Erfüllung seiner vertraglichen Pflicht ausdrücklich verweigert oder durch sein besonderes Verhalten vereitelt hat;
  • der andere Vertragspartner offensichtlich nicht in der Lage ist, die Erfüllung innerhalb einer angemessenen Frist nachzuholen;
  • schon das bisherige Scheitern der Fertigstellung des Werks auf einen vom Werkunternehmer zu verantwortenden Fehler zurückzuführen war; oder
  • dem Werkunternehmer aus triftigen, in der Person des Werkbestellers liegenden Gründen die Mangelbehebung nicht zumutbar ist.

Jedoch ist festzuhalten, dass nicht jeder Verzug mit einer Leistung zu einem sofortigen Rücktrittsrecht der anderen Partei führt. So rechtfertigen laut der Rechtsprechung etwa nicht alle Koordinierungsprobleme, die nahezu bei jedem Bauprojekt und umso mehr bei einem Großprojekt auftreten, eine sofortige Vertragsauflösung durch den Werkbesteller. Es ist im Einzelfall auf Grundlage des gesamten Sachverhalts im Detail zu prüfen, ob ein Rücktrittsrecht vorliegt und ob eine Nachfristsetzung erforderlich ist.

Relevanz der Vereinbarungen im Bauvertrag

Der Inhalt des Bauvertrags kann mitentscheidend sein, ob im jeweils zu beurteilenden Fall ein Rücktrittsrecht vorliegt und was die Konsequenzen eines ungerechtfertigten Rücktritts sein können. Wie schon erwähnt steht das Rücktrittsrecht nur im Falle des Verzugs zu. Daher gilt es zuerst zu prüfen, ob sich der Vertragspartner überhaupt im Verzug befindet. Je klarer der Bauvertrag die vom Werkunternehmer zu erbringenden Leistungen und die dafür vorgesehenen Fristen definiert, desto mehr Sicherheit hat der Werkbesteller bei der Beurteilung, ob die Leistungen nun fristgerecht und vereinbarungsgemäß erbracht wurden. Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, im Bauwerksvertrag klare Fristen und Fertigstellungstermine zu definieren. Überdies ist zu beachten, dass Bauverträge häufig eine Pönale für den ungerechtfertigten Rücktritt des Werkbestellers vorsehen und auch nicht auszuschließen ist, dass der Werkunternehmer bei rechtswidrigem Rücktritt des Werkbestellers zumindest einen Teil seines Entgeltanspruchs behält.

Einvernehmliche Beendigung

Eine einvernehmliche Beendigung des Vertrags ist jederzeit mit Zustimmung aller Vertragsparteien möglich und kann im Interesse aller Parteien unter Umständen jahrelange kosten- und zeitintensive Gerichtsprozesse hintanhalten, weshalb auch diese Möglichkeit von den Parteien in Erwägung gezogen werden sollte.

Empfehlungen

Aufgrund der Komplexität des Rücktritts vom Werkvertrag und der möglichen Konsequenzen einer fehlerhaften Kündigung ist jedenfalls die umfassende Prüfung des Sachverhalts und rechtliche Analyse der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten vor Ausspruch des Rücktritts durch einen Rechtsanwalt empfehlenswert.

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