Der folgende Artikel soll Interessierten einen ersten Überblick bieten, wann die Umwidmung eines Wohnungseigentumsobjekts, wie etwa von der Widmung „Wohnung“ in die Widmung „Büro“ oder vice versa, ohne die Zustimmung der übrigen Miteigentümer möglich und wann eine solche erforderlich ist.

Wohnungseigentum und Widmungsänderungen

Immobilien, an denen sogenanntes Wohnungseigentum begründet ist, stehen im Miteigentum sämtlicher Wohnungseigentümer. Die einzelnen Wohnungseigentümer haben somit jeweils einen ideellen Anteil an der gesamten Liegenschaft, mit dem ausschließlichen Nutzungs- und Verfügungsrecht an ihrem Wohnungseigentumsobjekt. Aus rechtlicher Sicht gehört somit „Allen Alles“.

Aus dieser Form des Miteigentums ergibt sich, dass gewisse Veränderungen an der Immobilie die Zustimmung der übrigen Miteigentümer erfordern. § 16 Abs 2 Wohnungseigentumsgesetz regelt, wann eine solche Zustimmung einzuholen ist und unter welchen Voraussetzungen das Gericht die Zustimmung ersetzen kann. Vom Wortlaut dieser Bestimmung sind auch ausdrücklich Widmungsänderungen von Wohnungseigentumsobjekten umfasst.

Grundlage der Widmung und Prüfung des Vorliegens einer genehmigungspflichtigen Umwidmung

Nach der Rechtsprechung ist zunächst zu prüfen, ob beim geplanten Vorhaben überhaupt eine Widmungsänderung vorliegt. Um dies beurteilen zu können, sind die Vereinbarungen zwischen den Wohnungseigentümern zu prüfen. Hier kommen insbesondere der Wohnungseigentumsvertrag und das Nutzwertgutachten in Betracht. Darin ist üblicherweise festgehalten, zu welchem Zweck welches Wohnungseigentumsobjekt benützt werden darf. Hier finden sich regelmäßig die Widmungen „Wohnung“, „Büro“, „Geschäftsräumlichkeit“ oder aber auch ganz spezifische Geschäftstätigkeiten.

Nach der Rechtsprechung liegt etwa dann keine Widmungsänderung vor, wenn im Wohnungseigentumsvertrag die Befugnis eingeräumt wurde, die Wohnung zu einer solchen geschäftlichen Tätigkeit zu verwenden, die üblicherweise in einer Wohnung ausgeübt wird, und die Wohnung in der Folge als Arztpraxis verwendet wird. Ebenso, wenn im Wohnungseigentumsvertrag die Verwendung als Geschäftslokal vereinbart wurde und etwa statt einer Bäckerei ein Café betrieben wird. In einem solchen Fall sollte grundsätzlich die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer mangels Widmungsänderung nicht erforderlich sein. Wurde keine spezielle Geschäftsraumwidmung getroffen, ist die Umwandlung des Gegenstandes und der Betriebsform des im Wohnungseigentumsobjekt geführten Unternehmens nach der Rechtsprechung erst dann eine genehmigungsbedürftige Änderung, wenn dabei die Grenzen des Verkehrsüblichen überschritten werden.

Erfordernis der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer

Besteht jedoch nur irgendwie die abstrakte Möglichkeit, dass die Umwidmung die schutzwürdigen Interessen anderer Wohnungseigentümer beeinträchtigen könnte, dann ist die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer erforderlich.

Schließt etwa die Widmung der Eigentümer jegliche Geschäftstätigkeit aus (reine Widmung zu Wohnzwecken), ist auch die – an sich verkehrsübliche – Ausübung einer Arzt- oder Heilmasseurpraxis in einer Wohnung nach der Rechtsprechung eine genehmigungsbedürftige Änderung.

Verweigern einer oder mehrere Wohnungseigentümer die Zustimmung, dann besteht die Möglichkeit, bei Gericht die Ersetzung der Zustimmung dieser Wohnungseigentümer zu beantragen. Das Gericht hat die Zustimmung zu ersetzen, wenn die Umwidmung weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge hat.

So ist es in der Praxis nicht unüblich, dass das Gericht die erforderlichen Zustimmungen zur Umwidmung einer Wohnung in ein Büro oder eine Arztpraxis oder vice versa ersetzt. Jedenfalls muss beachtet werden, dass jeder Fall einer separaten Beurteilung bedarf und hier keine pauschalen Aussagen getroffen werden können.

Einholung der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer

Kommt die erste Prüfung zum Ergebnis, dass eine genehmigungspflichtige Widmungsänderung vorliegt, empfiehlt es sich, das geplante Vorhaben zunächst mit den anderen Wohnungseigentümern persönlich zu besprechen und diesen die entsprechenden Details näherzubringen. Idealerweise gleich ausgestattet mit einer Liste, auf denen die Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zur geplanten Maßnahme abgeben können.

Sollten diese Bemühungen nicht fruchten, bietet es sich an, den unwilligen Wohnungseigentümern die Rechtslage und nähere Informationen zu einem Gerichtsverfahren über die Ersetzung der Zustimmung der Wohnungseigentümer in Form eines Schreibens eines Rechtsanwalts näher zu bringen.

Gerichtlicher Antrag auf Ersetzung der Zustimmung

Führt auch das anwaltliche Aufforderungsschreiben nicht zum gewünschten Erfolg, dann steht dem Wohnungseigentümer der Antrag an das Gericht auf Ersetzung der Zustimmung der sich widersetzenden Wohnungseigentümer gemäß § 16 Abs. 2 iVm § 52 Abs. 1 Z. 2 WEG offen. Der Antrag auf Duldung von Änderungen des Wohnungseigentumsobjekts ist an das Bezirksgericht zu richten, in dessen Sprengel sich die Liegenschaft befindet.

Konsequenzen einer Widmungsänderung ohne Einholung der Zustimmung

Liegt eine zustimmungspflichtige Widmungsänderung vor und erfolgt die Änderung der Widmung des Wohnungseigentumsobjekts ohne die Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer, so kann jeder einzelnen der übrigen Wohnungseigentümer gerichtlich die Beseitigung der Änderung und die Wiederherstellung des früheren Zustands und Unterlassung künftiger Änderungen begehren.

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